-- Download Rund um Lesbos as PDF --
Am Beginn eines längeren Törns steht natürlich zuerst ein Besuch beim Supermarkt.
Die erste Etappe ging von Mytilini mit Gegenwind nordwärts bis zur kleinen Insel Asproniso. Wir lagen total einsam in der südlich gelegenen Bucht, umgeben von Natur pur und der Geräuschkulisse einer Möwenkolonie. Beim Abendessen frischte der N Wind auf, doch der Anker hielt sehr gut.
Nach dem Morgenkaffee holten wir den Anker ein und fuhren westlich dieser Inselgruppe weiter nach Norden. Es kam ein aus dem Wasser ragender Felskopf in Sicht und ich erklärte meinen beiden Damen die eingezeichneten Untiefen auf der Karte. Dort wo es auf der Karte hellblau und dunkelblau ist, sollte man immer Acht geben, weshalb wir an dem besagten Felskopf etwa 100m westlich (im weißen Kartenbereich) vorbei fuhren. Andrea hatte einstweilen das Ruder übernommen als es plötzlich einen Rumpler machte, die Kaffeehäferl fielen und wir erschraken. Was war das jetzt? Im Kielwasser sah ich unter Wasser einen Felsen, den wir offensichtlich gestreift hatten. Das hatte ich auch noch nie erlebt, es handelte sich um eine Untiefe, die auf meinem Chartplotter nicht zu sehen war. Meine Kurslinie wird nämlich aufgezeichnet und hier gab es eindeutig keinen eingezeichneten Felsen. Ich kontrollierte vorerst nur die Kielbolzen, aber es passte alles und wir setzten unseren Weg fort.
Drei Stunden später hatten wir im Hafen Mithymna angelegt und waren wieder entspannter nachdem auch der Kiel keine nennenswerten Schäden aufwies. Die Calisto lag am selben Platz wie die Tage davor. Diesmal kam auch die Portpolice, gab mir ein Formular welches ich ausfüllen und im Office auf der Anhöhe abgeben musste. Wir blieben hier zwei Nächte (2×6€) und genossen die Annehmlichkeiten dieses wunderschönen Ortes.
Als wir unseren Törn nach Westen fortsetzten war es bewölkt und über die westliche Ägäis zogen schwere Gewitter. Wir lagen im Randbereich und hatten vorerst noch wenig Wind.
Beim nordwestlichsten Kap frischten die Böen etwas auf und auch der Wellengang wurde ungemütlich. Doch Sigri kam bereits in Sichtweite und bald lagen wir in der geschützten Bucht südlich des Dorfes. Der dortige Hafen war noch immer in Bau und konnte nicht benutzt werden.
Die genannte Bucht ist aber weitaus schöner und bekommt den Wind nicht in voller Stärke ab. Es begann nämlich ganz schön zu blasen und bei Böen bis knapp 30Kt wurde unser Anker auf die Probe gestellt. 50m Kette passten aber sehr gut und alles lag im grünen Bereich. Die frische Brise machte es etwas kühl, meinen Kontrollschnorchelgang hatte ich bei 22 Grad Wassertemperatur. Wir fühlten uns hier trotzdem wohl, machten einen kleinen Landspaziergang und aßen beim Sonnenuntergang in der Remezzo Taverne mit Sicht auf die Calisto.
Der Wind blies auch in der Nacht, was am Schlagen der Seile und am Knarzen des Hahnepots zu hören war. Am Morgen musste eine Entscheidung getroffen werden. Einen Rasttag, oder weiter bis zum Kolpos Kaillonis? Da es sich insgesamt etwas beruhigt hatte, starteten wir am Vormittag und verließen unseren geschützten Platz Richtung Süden. Nachdem der Anker eingeholt war, setzten wir beide Segel bis zum ersten Reff, was sich fortan als richtig erwiesen hatte. Wir segelten bei frischem N-Wind (bis knapp 30Kt) und ziemlicher Welle von Norden in gebührendem Abstand zur Felsküste südwärts, wobei die Calisto manchmal auf über 8Kt SOG beschleunigte. Es wurde eine richtige Rauschefahrt die Andrea und Martina nicht so schnell vergessen werden.
Bereits vor der Einfahrt in den Kolpos Kaillonis war das Meer ruhiger, wir bargen die Segel und fuhren das letzte Stück unter Motor die bezeichnete Fahrrinne Richtung Apothikes Bucht. Eigentlich hätte hier weniger Wind sein sollen, doch es blies noch bis zum Abend immer um die 20kt. Diese Bucht liegt aber sehr geschützt mit gutem Ankergrund, wo es leicht zum Aushalten ist. Ein Faulenzernachmittag an Bord ist ja auch nicht schlecht. Am späten Nachmittag fuhren wir mit dem Beiboot zum Dorf besichtigten die Gegend und aßen auch gleich in der urigen Hafentaverne.
Der nächste Tag verlief sehr gemütlich, zumal die Verhältnisse bis Plomari äußerst gnädig zu uns waren. Mäßiger Wind, sowie teilweise Motorunterstützung brachten uns ohne Vorfälle in die mit Spannung erwartete Ortschaft.
Irgendwie war dieser Hafen nirgends positiv beschrieben und auch ich hatte zuerst meine Bedenken. Es war zwar genug Platz vorhanden (außer uns nur ein Segler) doch ein undefinierbarer Schwell hielt die Calisto ständig in Schlingerbewegung. Der Anker hielt im Sand/Schlickgrund aber sehr gut und wir lagen sicher. Wir bunkerten Wasser sowie Diesel und füllten unsere Vorräte auf. Ich musste in das Büro der Hafenpolizei, ein Formular ausfüllen und bezahlte die 11,5€ Liegegebühr in einem privaten Kiosk um die Ecke, wo der Betreiber auch noch 2€ „Bearbeitungsgebühr“ verrechnete – wieder eine andere Version.
Während wir am nahen Strand das glasklare Wasser (erstmals) bei angenehmer Temperatur genossen wurde der Wind etwas weniger und auch der Schwell im Hafen legte sich fast vollständig. Letztendlich entpuppte sich Plomari als angenehmer Ort mit guten Tavernen am Hafen, sowie netten Innenstadtlokalen.
Wir verbrachten eine ruhige Nacht und starteten gegen 8.30 Uhr Richtung Osten, wo wir den nördlichen Kolpos Geras mit der dortigen Therme als Ziel hatten. Diese Fahrt war geprägt von starken Windböen zwischen 15 u 30Kt gegenan, sodass wir mit Minimalbesegelung unter Motor fuhren. Bei der Einfahrt in den Kolpos Geras hatten wir noch immer bis 25Kt auf die Nase und erst im Norden dieser großen Bucht legte sich der Wind. Wir setzten den Anker bei 5m auf Sandboden und lagen gerade mal 200m von der Therme entfernt. Es folgte ein genussvoller Spa-Nachmittag in tollem Ambiente, bei moderaten Preisen.
Auf unsere Empfehlung hin kamen noch Chantal und David, die ihre 12m Seaclusion gleich neben uns ankerten. Den Abendausklang hatten wir gemeinsam in einer nahen Taverne. Am Nachhauseweg zu unseren Schiffen strahlte der Mond in voller Pracht und der Wind hatte sich vollständig gelegt. Kurze Zeit später lagen wir zufrieden in unseren Kojen, das Leben ist schön!
Die Nacht war äußerst ruhig und angenehm. Wir vergönnten uns am Vormittag noch einmal die Therme und fuhren nur mit der Genua im Nachmittagswind bis zum Eingang des Kolpos, wo wir in der westlichen Bucht Avlonas ankerten.
Der Wind war hier weit stärker zu spüren, doch wir lagen auch bei Böen bis 30Kt sehr sicher. Die nächtlichen Stunden hatten einige kleinere Adrenalinschübe parat, denn manche Böen legten die Calisto ein paar Grad auf die Seite und versetzten meinen Damen ein bisschen in Unruhe.
Die Starkwindvorhersage hatte sich bewahrheitet und auch am Morgen kamen noch immer giftige Böen daher. Da unser letzter Tag unter Segel angebrochen war und wir noch gegen den Wind zur Marina mussten, startete ich den Motor im Morgengrauen sodass wir uns bereits vor 7.00h am südöstlichsten Kap von Lesbos befanden. Vom dort hatten wir noch sechs mühsame Meilen gegen Wind und Wellen, doch die Marina kam bald in Sicht und wir lagen gut verheftet an unserem Liegeplatz. Dieser nicht alltägliche Törn war somit beendet. Während meine Damen noch ein paar Füllungen für die örtliche Waschmaschine hatten, dichtete ich zwei Fenster ab und präparierte die Calisto für die nächsten Marinawochen. Es folgte ein ausgiebiger Stadtrundgang, ein letztes gemeinsames Abendessen in einer Taverne beim Hafen, sowie ein Abschiedsdrink in netter Gesellschaft von Isa und Markus, die wir hier wieder getroffen hatten.
Der Rückflug nach Wien war bereits am Tag darauf. Die Calisto wird bis Ende August in der sehr sicheren und gut geführten Marina verbleiben, bevor für mich das Abenteuer Ägäis weiter geht.
Fazit: Wenn man das Ionische Meer gewöhnt ist, dann fällt sofort auf, dass in der nördlichen bzw nordöstlichen Ägäis der nautische Tourismus kaum Bedeutung hat. Es gibt weder Charterboote noch Flottillen und in den spärlichen Häfen ist zumeist auch noch am Abend genug Platz. Das hängt wahrscheinlich mit den doch mehr fordernden Windverhältnissen und den daraus resultierenden Törnplänen zusammen. Vor allem im westlichen Bereich von Lesbos sind uns kaum Schiffe untergekommen. Die von uns besuchten Häfen und Ankerbuchten hatten alle ihren Reiz – wir werden diesen Törn in sehr guter Erinnerung behalten.